Beurteilungsfehler im Recruiting

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So vermeiden Sie Beurteilungsfehler

Beurteilungsfehler im Recruiting sind für Unternehmen schmerzlich.

Die richtige Person für eine freie Stelle zu suchen, zu finden und einzustellen ist von großer Bedeutung, denn Fehleinschätzungen können erhebliche Kosten und Schäden verursachen.

Auch unabhängig vom Recruiting-Prozess können „Beurteilungsfehler“ zu erheblicher Demotivation bei Ihren Mitarbeitern führen.

Nutzen Sie die Erkenntnisse aus diesem Beitrag, um für sich im Recruiting und in Ihrer Führung Fehleinschätzungen vorzubeugen.

Drei Kategorien von „Beurteilungsfehlern im Recruiting“

Generell unterscheiden wir drei Kategorien von „Fehlern“:

  1. Beurteilungstäuschungen,

    • bei denen uns quasi das Auge bzw. unser Gedächtnis betrügt. Diese Fehlertendenzen in der Personenwahrnehmung sind vor allem in der sozialpsychologischen Forschung nachgewiesen worden.
  2. Beurteilungsverzerrungen,

    • bei denen der Beurteiler, bei dem einen Bewerber einen wohlwollenden Maßstab und bei dem anderen Bewerber einen kritischen Maßstab anwendet, wobei dem Beurteiler dieses in gewisser Weise bewusst ist.
  3. Beurteilungsversagen,
    • 
bei denen zwar eine Differenzierung der Beurteilung vorgenommen, aber aus „strategischen“ Überlegungen heraus die „Endnoten“ nach leistungsfremden Gesichtspunkten vergeben wird.

Lesen Sie hier, wie Sie auch Beurteilungstäuschungen (Punkt 1) vermeiden können.

In diesem Beitrag vertiefen wir für Sie die Beurteilungsverzerrungen, da diese Beurteilungsfehler auch im Recruiting-Prozess zu beobachten sind.

Beurteilungsverzerrungen

Beurteilungsfehler dieser Kategorie sind nicht nur im Recruiting, sondern auch im Rahmen von Mitarbeiterbeurteilungen zu beobachten. Dies gilt vor allem überall dort, wo der/die Interviewer/in dem Bewerber oder Mitarbeiter nicht „weh“ tun möchte.

Bei dieser Art von Beurteilungsfehlern wird dann z. B. einem weniger wichtigen Verhalten („Offenheit für neue Ideen“) mehr Gewicht beigemessen, als den konkreten, tatsächlich für die Performance relevanten Arbeitsleistungen und -erfolgen. Coachings in diesen Feldern ergaben oft die Erkenntnis, dass viele Führungskräfte als „positiv denkende“ Menschen wirken wollen oder glauben, sich als „Potential-Entdecker“ präsentieren zu können.

Soziale Vergleichsmaßstäbe im Recruiting

Weiterhin spielen bei nahezu jeder Beurteilung soziale Vergleichsmaßstäbe eine Rolle. Die Frage, wer wird mit wem bei der Beurteilung verglichen, muss deshalb klar geregelt werden. Im Recruiting sollten wir unbedingt darauf achten, den/die Bewerber/in vorrangig (!) mit dem Stellen-/Anforderungsprofil bzw. den gewünschten kritischen Erfolgsfaktoren zu vergleichen. Erst im letzten Schritt – bei gleicher Eignung und Befähigung – sollte Bewerber A mit B verglichen werden, um die Einstellungsentscheidung zu treffen. Denn ansonsten tritt der

Recency – bzw. Primacy-Effekt

auf: Bewerber werden untereinander direkt verglichen (z. B. im Rahmen eines Bewerbertages passiert so etwas schnell).

Im Kern besagt der Recency-Effekt, dass die letzten Eindrücke besser haften bleiben und bei Beurteilungen mehr zählen (beim Primacy-Effekt ist es umgekehrt).

Häufiger Beurteilungsfehler im Recruiting

Verhalten und deren Ursachen: Hintergründe der Attributionsforschung

Der vielleicht bedeutendste Beurteilungsfehler ist jedoch der Attributionsfehler.

Die Grundaussage der „Attributionsforschung“ (Attribution = Zuschreibung) lautet:

Wir nehmen nicht nur das Verhalten und die sich daraus ergebenden Erfolge oder Misserfolge wahr, sondern führen diese auch auf Ursachen zurück.

Wir „interpretieren“ also etwas in den Bewerber oder Mitarbeiter hinein, ohne es im Interview durch Situations- und Verhaltensschilderung zu validieren.

Wie ein Psychologe stellen wir stets auch Vermutungen an, warum wir oder andere so handeln und was das Gelingen oder Misslingen einer Handlung wohl bewirkt hat. Diese Zuschreibungen, die wir vornehmen, beeinflussen dann natürlich unsere Beurteilung des Verhaltens und unsere Reaktionen auf die Leistungen.

Psychologische Experimente haben zudem gezeigt, dass uns Leistungen, hinter denen wir besondere Anstrengungen vermuten, mehr beeindrucken. Wir reagieren auf solche Leistungen stärker mit sichtbarem Lob und Anerkennung sowie positiver Beurteilung. Auch das „verstärkt“ unsere Tendenz zu Beurteilungsverzerrungen.

Übertragen auf (Personal-)Beurteilungen bedeutet das, dass vermutlich bei gleicher Qualität und Quantität der Arbeitsergebnisse derjenige wohlwollender beurteilt wird, bei dem der Beurteiler hinter dieser Leistung viel Schweiß und „nicht-mit-Links-erreichbar“ vermutet.

Eine Grundannahme der Psychologie geht davon aus, dass das menschliche Verhalten sowohl von situativen Umweltfaktoren, als auch von personeninternen Faktoren beeinflusst wird.

Wenn wir Verhalten und Erfolge bzw. Misserfolge auf Ursachen zurückführen, dann sind bestimmte Tendenzen erkennbar, welche Ursachen wir hinter dem eigenen
 oder fremden Verhalten bevorzugt vermuten. Man spricht dann von Fehler- oder Verzerrungstendenzen in der Ursachenzuschreibung (Attribution).

„Geborene Gewinner“ von „geborenen Verlierern“

Eine interessante Parallele gibt es hier zur Erfolgsforschung, die davon ausgeht, dass sich „geborene Gewinner“ von „geborenen Verlierern“ in drei Punkten unterscheiden:

  • Dauerhaftigkeit: 

    • Pessimisten halten negative Einflüsse für dauerhaft („Das ändert sich nie!“) und tun deshalb auch nichts dagegen; Gewinner glauben das Gegenteil, werden aktiv und ernten – mit ungleich höherer Eintreffenswahrscheinlichkeit – Erfolg.
  • Wirkungsbereich: 

    • Gewinner halten Negatives für begrenzt, Verlierer für global wirksam.
  • Betroffenheit:

    • Verlierer fühlen sich für Niederlagen verantwortlich, auch wenn sie objektiv nichts dafür können; Gewinner fühlen sich für Siege verantwortlich (auch wenn sie objektiv nichts dafür können!).

Beurteilungsfehler im Recruiting vermeidenEinige Unternehmen verwenden diese Erkenntnisse aus der Erfolgsforschung bereits als Grundlage für ihre Personalpolitik.

Die US-Versicherungsgesellschaft Metropolitan Life zum Beispiel hat die Erfahrung gemacht, dass Bewerber mit pessimistischen Erklärungsmustern ihren Job ein Jahr nach der Einstellung doppelt so häufig aufgeben, wie solche mit optimistischen Mustern. Die Optimisten schließen zudem in den ersten beiden Jahren bis zu 50 Prozent mehr Versicherungen ab. Mittlerweile spart die Met Life einen erheblichen Teil ihrer Ausbildungskosten ein, da viel weniger Job-Neulinge aufgeben als früher.

Lesen Sie hier, wie Sie auch Beobachtungsfehler vermeiden können.

Darüber hinaus gibt es noch einige weitere „Fehler“ im Recruiting, die Sie nicht nur Zeit und Geld, sondern möglicherweise auch Reputation als Unternehmen (denken Sie dabei nur einmal an Bewertungsportale wie z. B. kununu) kosten. Vielleicht möchten Sie sich und/oder Ihre Mitarbeiter künftig von einem erfahrenen Experten beraten lassen?

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