Führungskompetenz – authentisch führen (Teil 3/3)
Die Krux mit der Authentizität
Viele unsere Kunden haben das Ziel, Ihre Führungskompetenz zu steigern. In diesem Zusammenhang hören wir immer wieder, dass Führungskräfte „authentisch“ sein sollen. Geht es Ihnen auch so?
Wenn wir in den Coachings & Führungskräfteworkshops über Führungskompetenz, Tools etc. sprechen, dann gibt es manchmal Aussagen in die Richtung
„… sie seien ja so und so und man müsse sich eben dem anpassen oder nicht“.
Wo fängt Führungskompetenz an und wo gibt es vielleicht auch Grenzen? Das erfahren Sie jetzt im 3. Teil unserer Beitragsserie.
Führungskompetenz
Hier ist er nun, der dritte und letzte Teil unserer Artikelserie zu den Grundlagen der Führung.
Nachdem wir
- „Führung“ zunächst mal als „Einflussnahme auf andere, um Ziele zu erreichen“ definiert haben
(mit dem Hinweise, das hier die Aufgabe auf uns wartet, für uns selbst zu definieren, was jeder von uns unter guter Führung im Detail versteht), - erkannt haben, dass Management & Leadership zwei Seiten der selben Medaille sind, aber immer wieder – entsprechend der Situation – mal das eine, mal das andere mehr Raum bekommen muss,
- nun wissen, dass man ohne autorisierte Machtquellen „nichts machen“ kann, also auch keinen Einfluss nehmen kann, um Ziele zu erreichen und
- erkannt haben, dass es „die“ richtige Persönlichkeit für eine gute Führungskraft nicht gibt, sondern wir vielmehr mit guter Selbst- und Menschenkenntnis eine Menge aus uns machen können,
geht es nun abschließend um das Thema Authentizität, wie man dieser mit der Zeit immer näher kommen kann und wie Sie das jetzt alles nutzen können, um Ihre Führungskompetenz weiter auszubauen.
5. Die Krux mit der Authentizität
Sie wissen bereits, dass wir immer wieder hören, dass Führungskräfte „authentisch“ sein wollen und sollen.
Ich, Ralf Jansen oute mich jetzt mal:
Meine Persönlichkeitsstruktur ist eine Kombination aus Gamma (das habe ich gentechnisch und/oder im Rahmen der Sozialisierung als Kind mitbekommen) und Alpha (da hatte die Bundeswehr die Hand im Spiel).
Für’s Leadership braucht es aber zwingend auch ein Beta-Verhalten (zuhören können, sich einfühlen in den anderen, Nähe und Vertrauen zulassen …).
Was also musste ich tun?
In all’ den Situationen, in denen zusätzlich Beta nötig war, musste ich hier mein Verhalten so gestalten – so „tun“ -, als ob ich hier eine höhere Ladung hätte und meine Dominanz und das Bedürfnis, alles bis ins Kleinste zu regeln, zurück nehmen. Zum Glück hatte ich hier einen Vorgesetzten, der das hervorragend konnte und von dem ich sein Verhalten „kopieren“ konnte.
Hat das gut geklappt?
Aber natürlich. Am Anfang etwas holprig, dann aber von mal zu mal besser und souveräner.
War ich authentisch?
Nein! Denn ich habe mich „verstellt“ – meine Rolle als Führungskraft so gespielt, dass das Publikum (hier also die Geführten) begeistert waren.
Zu der Fraktion der „Authentischen“ gehören die, die immer betonen, sie seien ja so und so und man müsse sich eben dem anpassen oder nicht. Ich halte das für Unsinn.
Wenn Führung bedeutet, dass wir durch bestmögliche Einflussnahme Ziele erreichen, dann müssen wir uns als Führungskräfte bemühen, das auch bestmöglich zu machen.
Authentisch oder echt?
Doch eines sollten wir im Auge behalten:
Ein derartiges „ich mache jetzt mal den Beta“ muss glaubwürdig und in bestem Sinne erfolgen.
Denn sonst sind wir schnell beim Thema „Machtmissbrauch“ (denn wenn Sie das können – die einzelnen Temperamente verhaltenstechnisch zu bedienen – dann ist das natürlich eine stark wirkende Machtquelle).
Es braucht also hier vor allem die oben genannte Selbsterkenntnis, um sich selbst bewusst zu sein, wie weit einem dieses „hoch- und runterfahren“ bestimmter Verhaltenstendenzen gelingt und ab wann es unglaubwürdig wird.
Zwischenfazit:
- Wir werden uns fast alle im Business hin und wieder „verstellen“ und uns nicht komplett so verhalten, wie es unserem Temperament entspricht.
- Einfach da es die die Situation und/oder die Person des Menschen, den wir führen wollen, so erfordert.Die Krux liegt also darin, dass wir zwar als authentisch wahrgenommen werden wollen und sollten, es aber im strengen Wortsinne nicht sind.
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6. Führungskompetenz mit dem Ziel, authentisch zu sein
Wie man mit einem Führungscredo dem Ziel der Authentizität doch ziemlich nahe kommen kann
Vielleicht stören Sie sich ja immer noch an meiner Aussage, dass wir oft nicht wirklich „richtig“ authentisch sind. Das ist doch aber das große Ziel, höre ich oft.
Ja, vollkommen richtig! Doch Anspruch und Realität sind oft zwei paar Stiefel.
Und doch gibt es meines Erachtens einen Weg, wie wir zur größtmöglichen Authentizität – also der Übereinstimmung unserer Verhaltenstendenzen aufgrund unserer Persönlichkeit mit den Anforderungen an uns – kommen können: Und zwar mit einem Leadership-Credo. Das ist meine Mission seit 40 Jahren Führungsarbeit.
Das sollten wir von zwei Seiten aus angehen:
Von der Rolle her und dann von meiner (also Ihrer) Sichtweise auf eine „gute“ Führung.
Beginnen wir mit unserer Rolle als Führungskraft.
Jeder von uns hat – ähnlich wie ein Schauspieler auf der Bühne – in seinem beruflichen Umfeld mehrere „Rollen“ zu „spielen“.
Unter dem Begriff „Rolle“ versteht man ein sozial definiertes Verhaltensmuster, das von einer Person erwartet wird, die eine bestimmte Funktion innehat. Die Rollenerwartungen sind dabei unabhängig von der Person zu sehen, da die grundsätzlich erwarteten Verhaltensweisen unabhängig vom Rolleninhaber sind.
Wie Führungskräfte Führungskompetenz erleben
Das Erleben der meisten Führungskräfte in der heutigen Führungswelt ist meist geprägt von „Konflikte lösen, mit Widerständen umgehen, informieren, delegieren und Feedback geben u. v. m.“, wobei die Schwerpunkte der meisten genannten Aufgaben, die Kommunikation betreffen.
Dieser Ansatz erfasst also das tatsächliche Handeln von Führungskräften in ihrer konkreten Umgebung und versucht, dieses Führungshandeln als Wahrnehmen und Ausüben von Rollen zu beschreiben. Jemand nimmt also eine Rolle wahr, indem er als „Rollenempfänger“ den Ansprüchen bzw. Erwartungen anderer gerecht wird (indem er sich „erwartungsgemäß“ verhält).
Ausüben von Rollenerwartungen
Allerdings ist auch dieser Ansatz – wie so oft in der Führung – schlimm vereinfacht. Die Idee geht davon aus, dass sämtliche Erwartungen an eine Rolle im Unternehmen definiert sind und sich daraus ein „richtiges“ Verhalten des Rolleninhabers ableiten lässt.
Das ist jedoch schlicht unrealistisch. In der Praxis können wir oft beobachten, dass die Erwartungen an eine Rolle zum großen Teil weder explizit formuliert, noch bewusst sind.
Obwohl also letztlich die Rollenerwartungen einer komplexen Dynamik aus dem Spannungsfeld von Aufgabenverständnis, Unternehmenskultur, Interessen der Beteiligten, Werthaltungen u. v. m. entsprechen, gibt es einige generelle Empfehlungen zur Klärung der eigenen Rolle:
- Wofür werde ich bezahlt, was sind meine „Primary Tasks“, meine Hauptaufgaben?
- Was hat das Unternehmen für Erwartungen
(i. d. R. explizit als Beurteilungskriterien für die Leistung definiert oder implizit durch die direkten Vorgesetzten erwartet) und der Mitarbeiter/-innen oder Kunden im nahen Umfeld, z. B. im Projekt? - Welche Erwartungen sind mit meinem Status oder der Rolle, implizit oder explizit formuliert, verbunden?
- Klärung der Kompetenzen, die mit der zugewiesenen Rolle verbunden sind.
Und nun zum Credo.
Mehr Führungskompetenz mit Ihrem Leadership-Credo
Wir haben zudem selbst in der Regel auch eine – mehr oder weniger klare – Vorstellung davon, wie wir als Führungskräfte bzw. Projektleiter/-innen „sein“ möchten … und definieren damit unser so genanntes Selbstbild, das wiederum Rollen und Rollenerwartungen enthält (in diesem Falle wahrscheinlich Verhaltensweisen, die auf unseren Werten und Glaubenssätzen basieren).
Das wäre dann der nächste Schritt:
Die Erstellung eines individuellen Leadership-Credo durch die Führungskraft.
Mit Credo meine ich
- die Beschreibung meiner Glaubenssätze im Hinblick auf die Führung, z. B.
„Ein/e Mitarbeiter/-in kann immer performen, wenn er/sie am richtigen Platz ist“ oder
„Motivation greift nur dann, wenn individuelle Bedürfnisse des anderen getriggert werden“ oder auch
„Mitarbeiter sind von Grund aus faul und müssen permanent überwacht und angetrieben werden“. - meine Grundhaltung, Werte und Prinzipien in der Führung, also Orientierungsgrößen die uns anzeigen, was richtig oder falsch ist, also eine Art „Leitplanke“ für unser Denken und Handeln.
So können Sie das für Ihre Führungskompetenz praktisch angehen:
- Nehmen Sie sich ein Blatt Papier und notieren Sie in einem Brainstorming, was für Sie alles zu einer guten Führung gehört oder erstellen Sie eine Positiv-/Negativ-Erfahrungsliste (das habe ich persönlich als positiv / negativ bei Führungskräften erfahren).
- Erstellen Sie darauf aufbauend eine Liste Ihrer Glaubenssätze zu den bei 1. ermittelten Elementen der Führung.
- Optional: Geben Sie die Liste der Glaubenssätze an eine Person, die Sie sehr gut kennt und bitten Sie um Feedback.
- Definieren Sie Ihr Credo zur Steigerung Ihrer Führungskompetenz
Oder als zweite Variante:
Sie nehmen die Unternehmenswerte (Führungsleitbild o. ä.) zur Hand und reflektieren diese im Hinblick auf die Soll-Kultur und Ihr tatsächliches Verhalten bzw. Ihre Verhaltenstendenzen (dazu können Sie dann auch Big-Five-Modell nutzen).
Ziel ist es, dass Sie dann für sich eine klare Vorstellung über Ihr Wertegerüst gefunden haben. Das kann dann eine Word-Datei, ein Mind-Map, eine Collage, ein Bild … sein.
Außer Ihnen selbst muss auch niemand anderes mit diesem „Regelwerk“ etwas anfangen können. Entscheidend ist für die Steigerung Ihrer Führungskompetenz nur, dass Sie nun genau wissen, warum Sie sich so und nicht anders in bestimmten Situationen verhalten wollen.
Sich an das eigene Regelwerk zu halten wird nicht immer, aber – wenn Sie dran bleiben – immer besser klappen.
Einschätzbare Führungskompetenz
Wenn wir unser Credo erstellt haben, dann können wir es mit den Rollenvorgaben unseres Unternehmens vergleichen. Der Management-Vordenker Peter Drucker bringt es so auf den Punkt:
„Die Werte eines Einzelnen müssen mit denen der Organisation harmonieren – anderenfalls wird er nicht effektiv arbeiten können. Die Werte müssen nicht völlig übereinstimmen, aber doch ähnlich genug sein, um koexistieren zu können.“
So unterschiedlich wir Menschen sind, so unterschiedlich möchten wir führen bzw. geführt werden.
Passt also zum Beispiel unsere Persönlichkeit nicht zur Aufgabenstellung oder zum Umfeld, in dem wir arbeiten, können wir immer noch gut sein, aber nicht die optimale Leistung bringen. Stimmen aber die persönlichen Grundwerte mit denen des Unternehmens überein, so wird in der Regel ein höheres Committment und Engagement erzeugt.
Ihre Vorteile:
Ein Führungs-Credo lässt Sie in Situationen schneller entscheiden, wie Sie agieren und macht Sie für Umfeld einschätzbarer.
Denn: Für Mitarbeiter ist es extrem wichtig, Ihr Verhalten einschätzen zu können! Das fördert Sicherheitserleben.
Wie aber weiß ich nun als Führungskraft, ob ich die richtigen Werte für mich gefunden habe?
Oder als Verantwortlicher im Unternehmen für dieses selektiert habe?
Eine einfache Antwort liefert Art McNeil mit der These, dass wenn man auf die falschen Werte gesetzt hat, kaum etwas im Unternehmen geschieht.
Das gilt auch für die Führungskraft:
Wenn Ihr tatsächliches Verhalten nichts oder kaum etwas mit Ihren definierten Werten zu tun hat, dann war das zunächst nur eine nette „Papierübung“. In diesem Fall sollten Sie sich noch einmal an eine intensive Reflexion und Neuformulierung machen.
Führungskompetenz – Die „key messages“
Hier also noch einmal die „key messages“ der drei Artikel auf einen Blick:
- Führung ist nicht eindeutig definiert; was „gute“ Führung ausmacht, müssen wir selbst als persönlich geltende Messlatte festlegen.
- Management & Leadership sind die beiden Führungsfelder, die beiden Seiten der Medaille „Führung“; idealerweise ist eine gute Führungskraft in beiden Feldern stark und weiß, wann man wie viel von Management & Leadership in welcher Situation braucht.
- Führen bedeutet Einfluss nehmen auf andere, um Ziele zu erreichen.
Dazu brauchen wir Macht(quellen), denn ohne diese ist eine Einflussnahme nicht möglich; je mehr Machtquellen mir also zur Verfügung stehen, umso größer ist meine potentielle Chance, erfolgreich Einfluss zu nehmen – sofern diese Machtquellen von den Geführten „akzeptiert“ werden. - Wir nehmen eine Einordnung von anderen aufgrund der Charakterzüge vor. Diese Einordnung kann etwas objektiver mit einem plausiblen Modell vorgenommen werden.
- Führungskräfte haben (eigene und fremde) Rollenerwartungen, denen sie versuchen, gerecht zu werden.
Dies erfordert aufgrund der unterschiedlichen Rahmenbedingungen und der Individualität der zu führenden Personen in der Regel eine Anpassung (an die Situation, den anderen, die Umstände …), so dass wir meist nicht authentisch im eigentlichen Wortsinne sind – aber das Ziel verfolgen sollten, auf jeden Fall glaubwürdig und authentisch zu wirken. - Um aber diesem Ideal so nahe wie möglich zu kommen, kann uns ein selbst definiertes Führungscredo sehr gute Dienste leisten.
Oder Sie nutzen einen Experten und entscheiden sich für ein individuelles Business Coaching, um Ihre Führungskompetenz zu steigern.
In Führung gehen: Ihr nächster Schritt
Damit Sie auf den Punkt genau die Unterstützung erhalten, die Sie weiterbringt.
- Führungskultur schneller erkennen – so gelingt der Start im neuen Job
- Führungs-Credo: Das Must-Have Werkzeug für Jede Führungskraft
- Werteorientierte Führung: Konkrete Schritte zur erfolgreichen Umsetzung
- Erfolgsfaktoren für Projektleiter: Mehr als nur Fachwissen
- Eine der wichtigsten Fragen für Führungskräfte