Gute Führungskraft – welche Eigenschaften braucht es? (Teil 2/3)
Gute Führung – was bedeutet das? Oder
Was zeichnet eine gute Führungskraft aus? Das fragen sich viele unserer Kunden. Denn wie wir immer so schön sagen „Du musst wissen, wer den Preis für Deine Art der Führung bezahlt, Du oder Deine Leute?“ 😉
Im ersten Teil unserer Artikelserie haben wir über die Führung generell und die beiden Führungsfelder Management & Leadership gesprochen.
Erfahren Sie nun, ob Sie als gute Führungskraft Macht brauchen und welche Persönlichkeit eine gute Führungskraft auszeichnet.
Was macht eine gute Führungskraft aus?
Nun geht es weiter mit dem Teil 2, der die Frage beantwortet,
- ob man zum Führen „Macht“ braucht &
- wie die Persönlichkeit einer guten Führungskraft aussieht.
Und los geht’s:
3. Braucht man als gute Führungskraft Macht?
Unsere Arbeitsthese für gute Führung beinhaltet ja die zielgerichtete Beeinflussung.
Braucht man dazu Macht?
Ein kleines Gedankenspiel bevor Sie weiterlesen. Welche der folgenden Aussagen ist richtig?
- Man kann Macht haben, ohne Einfluss zu nehmen.
- Man kann Einfluss nehmen, ohne Macht zu haben.
Wenn Sie schnell reagiert haben, dann bevorzugen Sie wahrscheinlich Aussage 2. Denn jeder von uns weiß ja, dass man auch Einfluss nehmen kann, wenn man keine disziplinarische Vorgesetztenstellung hat.
Doch in der Tat ist Aussage 1 (fast) richtig. Fast richtig, da wir uns, in dem Moment, in dem wir jemandem Macht über uns zubilligen, schon davon beeinflusst werden.
Richtig ist also im Umkehrschluss auch, dass man nur dann Einfluss nehmen kann, wenn man Macht hat.
Tatsächlich war das natürlich eine fiese Frage, denn bevor wir diese Frage sinnvoll beantworten können, müssten wir zuerst die Begriffe „Macht“ und „Einfluss“ definieren.
Definition von Macht
Die wohl am häufigsten bemühte Definition von Macht stammt von Max Weber.
Er sagte, Macht sei
„… jede Chance, innerhalb einer sozialen Beziehung den eigenen Willen auch gegen Widerstreben durchzusetzen, gleichviel, worauf diese Chance beruht.“
Viele verbinden den Begriff „Macht“ fast automatisch mit der so genannten „Stellenmacht“, (oder auch „Positionsmacht“) also der Macht, die ich habe, weil ich eine bestimmte Stelle oder Position einnehme („Es wird so gemacht, wie ich sage, ich bin schließlich der Boss hier!“).
Im Althochdeutschen, Altslawischen und auch im Gotischen bedeutet Macht so viel wie „Können, Fähigkeit oder Vermögen“. Im lateinischen wäre das Substantiv von Macht dann „Potentia“.
Genau dieses Können oder Vermögen wird in der Führung als „Machtquelle“ bezeichnet.
Machtquellen einer guten Führungskraft
Das könnten also bei einer guten Führungskraft sein:
- Kommunikationsfähigkeit,
- Empathie,
- Prall gefülltes Bankkonto („alles eine Frage des Preises“),
- Persönlichkeit (Ich bin halt so ein lieber, dem man nichts abschlagen kann),
- Gutes Netzwerk oder Beziehungen „nach oben“,
- Die Möglichkeit über Ressourcen zu entscheiden,
- Zwang auszuüben, „Bestrafungen“ vorzunehmen
- Etc. …
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Kategorien von Macht
In einer in Fachkreisen oft zitierten Studie der beiden Sozialpsychologen French und Raven aus dem Jahr 1959 haben diese fünf Kategorien von Macht – die sie „Machtbasen“ nennen – entworfen:
- Legitime Macht, von der man sich beeinflussen lässt, wenn man glaubt, der Machtausübende hätte ein Recht dazu.
- Belohnungsmacht, die auf der Basis beruht, dass ich diese Belohnungen vergeben kann.
- Macht durch Zwang, wobei auch hier die Möglichkeit dazu bestehen muss, Zwang und Druck auszuüben.
- Macht durch Identifikation, also die Macht, die aus einer persönlichen Beziehung zwischen denen, die sich beeinflussen, beruht.
- Macht durch Wissen.
Aber jetzt kommt das entscheidende:
- Alle diese Chancen (die man auch „Machtquellen“ nennt), andere zu beeinflussen, müssen erst einmal da sein, damit ich sie auch nutzen kann &
- die Machtquellen müssen von der Person, die ich beeinflussen möchte, „akzeptiert“ sein;
man könnte auch sagen, die Machtquelle muss autorisiert werden –
und da sind wir schon bei der richtigen Verwendung des Begriffes Autorität: Die hat man nämlich nicht (z. B. qua Position), sondern die wird einem „verliehen“.
Autorität zu besitzen bedeutet also, dass andere sich meiner „Macht“ freiwillig unterziehen.
Fassen wir kurz zusammen:
- Macht ist also die potentielle Möglichkeit, andere zu beeinflussen und unsere Ziele durchzusetzen.
- Einfluss ist der aktive Prozess der Machtausübung. Er nutzt zwischenmenschliche und soziale Fähigkeiten dazu, bei anderen das Verhalten, die Einstellung oder die Überzeugung ohne Zwang zu verändern.
Einfluss nehmen
Ohne Macht ist also Einflussnahme nicht möglich; sehr wohl kann jedoch jemand Macht haben, ohne diese zur Einflussnahme in Anspruch zu nehmen.
Lassen Sie uns in diesem Zusammenhang zwei weitere Aussagen treffen:
- Macht ist Teil jeder Organisation. Selbst wenn wir nicht über die potentielle Macht verfügen, etwas zu schaffen oder zu verändern, verfügen wir immer über die Macht, etwas zu verhindern!Viele Führungskräfte denken, Sie hätten Einfluss, aber keine Macht. Dies ist eine Illusion!
Wer Einfluss hat, hat immer auch Macht, da diese beiden Elemente untrennbar miteinander verbunden sind. - Um Einfluss nehmen zu können, müssen wir die zur Verfügung stehenden Machtquelle ausschöpfen.
Idealerweise vergrößern wir unsere Machtquellen mit der Zeit, um ein immer breiteres Repertoire zu erhalten
(Denn: Nicht jede Machtquelle wird ja von jedem anerkannt).
4. Wie sieht die Persönlichkeit einer guten Führungskraft aus?
(Die Antwort wird Sie sicher überraschen! 😉)
Wenn wir heute von „Persönlichkeit“ reden, dann meint man damit in der Persönlichkeitsforschung den individuellen Mix aus Persönlichkeitseigenschaften eines Menschen. Diese wiederum können dann sogenannten „Temperamenten“ zugeordnet werden.
Aktuell gilt das Big-Five-Modell als Standard in der Persönlichkeitsforschung für die Cluster der Temperamente.
Wenn wir diese wiederum etwas konzentrieren wollen, dann sind drei der fünf Faktoren (= Temperamente) in der Praxis am deutlichsten sichtbar – und damit auch für die Menschenkenntnis nutzbar und zwar die Komponenten
- Extraversion,
- Verträglichkeit und
- Gewissenhaftigkeit.
Doch noch einmal kurz an dieser Stelle zur Klarstellung: Jeder von uns hat alle diese Temperamente – nur eben in einer unterschiedlichen „Ladung“ (so der Fachbegriff).
Erfahren Sie in diesem Beitrag „gute Führung“, wie Sie die unterschiedlichen Verhaltenstendenzen für sich nutzen können, um sich optimal auf Ihr Gegenüber einzustellen.
Dies können wir uns wie nebeneinander stehende Reagenzgläser vorstellen, die alle irgendwie unterschiedlich gefüllt sind. Je voller natürlich eines der Reagenzgläser ist und je mehr das Temperament aufweist, umso „prägnanter“ ist eine Persönlichkeit (zu erkennen).
Hier nur kurz eine grobe Clusterung:
- Unter die Extraversion fallen dann zum Beispiel Eigenschaften wie Durchsetzungsstärke und Dominanz. Aber auch Initiative, Impulsivität, Schnelligkeit und Risikofreude. Manche Modelle nennen dieses Temperament dann „Alpha“ und vergeben oft dafür eine rote Farbe.
- Der Verträglichkeit sind dann u. a. das Menscheninteresse und das Einfühlungsvermögen zugeordnet. Aber auch eine höhere Gutmütigkeit und Gefühlsorientierung, eine hohe Empathie, das Bedürfnis zu vermitteln und auszugleichen, aber auch eine mehr oder weniger starke innere Stabilität. Das ist die sogenannte Beta-Komponente, meist mit grüner oder gelber Farbe dargestellt.
- Zuletzt die Gewissenhaftigkeit, hier ist oft der Wunsch nach Absicherung und Kontrolle vorhanden, eine hohe Gewissenhaftigkeit und Detailliebe, aber auch eine hohe Risikoaversion.
Und wie sieht jetzt die Persönlichkeit von erfolgreichen Führungskräften aus?
Tja, das ist so unterschiedlich, wie wir Menschen eben sind:
- Ein/e Projektleiter/-in auf dem Bau oder ein Restrukturierungsberater/-in dürften tendenziell eher eine klare Alpha-Dominanz haben; auch Gordon Gekko aus WallStreet bedient diesen Typ.
- Wohingegen ein/e Psychologe/-in, Coach oder ein Mitarbeiter/-in aus Human Resources eher eine Beta-Dominanz aufweisen sollte; ein Beispiel aus dem Showbusiness dürfte hier Bruce Darnell sein.
- Der/die „typische“ Ingenieur/-in, Mathematiker/-in und Physiker/-in … na, was wohl,
solchen Führungskräften bescheinigt man in der Sprache der Persönlichkeitsforschung eine Temperaments-Dominanz.
Jetzt gibt es aber auch noch die Doppel-Dominanz:
- Ein/e Geschäftsführer/-in, der/die ein mittelständischen Unternehmen aufgebaut hat oder eine Führungskraft im operativen Betrieb (als COO, Vertriebler, Führungskraft von vielen Mitarbeitern ist, der hat wahrscheinlich eine Alpha-Beta-Dominanz,
- und wenn diese/r Geschäftsführer/-in eher im technischen Bereich aktiv ist, vielleicht eine Gamma-Beta-Dominanz.
Bei beiden o. g. Doppel-Dominanzen haben wir durch das Beta einen schönen Effekt: Es macht den Alpha-Anteil weniger aggressiv und dominant bzw. den Gamma-Anteil weniger „nerdig“.
Aber Sie ahnen es schon, es gibt noch ein drittes Doppel-Dominanz-Muster.
Goethe würde sagen „… zwei Seelen wohnen, ach, in seiner Brust…“:
- Die Alpha-Gamma-Dominanz.Das snd Menschen, die recht schnell vom big picture ins Detail und wieder zurück springen können, aber leider das „menschliche“ (Beta) oft als weniger wichtig betrachten.
Natürlich gibt es auch Menschen, bei denen alles ausgeglichen ist: Wenn das auf „hoher Ladung“ der Fall ist, dann haben wir es hier mit sehr „starken“ Persönlichkeiten zu tun, die quasi auf allen Hochzeiten ohne Probleme tanzen können.
Ist die Ladung in allen drei Bereichen eher gering, dann müssen wir schon zwei mal hinsehen, um diese sehr zurückhaltenden und unauffälligen Personen wahrzunehmen.
Kann man eine gute Führungskraft leicht einschätzen?
Haben wir Leader wie Elon Musk oder Steve Jobs (beide Alpha-Gamma), über die viel öffentlich bekannt ist, dann fällt uns das vielleicht noch leicht.
Aber:
Was ist mit einem Joe Kaeser, einem Frank Thelen oder einem Werner Baumann? Wie viel wissen wir tatsächlich über diese Personen? Und deren Einbindung in die unternehmerische Struktur mit Aufsichts-/Beirat und Anteilseigner.
Gute Führungskraft, nur im falschen Unternehmen?
Denken Sie hier nur mal an Herbert Diess: Ist das eine gute Führungskraft, nur im falschen Unternehmen?
Oder an Bill McDermott: Wäre der nach SAP und ServiceNow nicht wahrscheinlich auch in einem anderen Unternehmen erfolgreich?
Also: Lange Rede kurzer Sinn:
Je mehr wir – aus persönlichem Umgang, aus Firmenpräsentationen, aus YouTube-Mitschnitten usw. – von einer Person wissen, umso leichter fällt uns hier die Klassifizierung und Einschätzung.
Und wenn wir dann noch vielleicht im Hinblick auf die Ausgangsfrage des ersten Beitrags dieser Serie („Das Management“) im Auge behalten, unzählige Varianten in Frage kommen können:
Eine charismatische/r Gründer/-in oder „Alleinherrscher/-in“, ein starker CEO mit einem schwachen Vorstand, aber starkem Aufsichts- oder Beirat, ein schwacher CEO mit schwachem Vorstand, ein kleines Unternehmen, eines das nicht wegen dem „Anführer“ sondern trotzdem eine gute Performance hat, guter CEO/Vorstand bei VW 😉
… also lange Rede kurzer Sinn: Es kommt auch immer auf die Gesamtumstände an.
Der Kontext spielt eine Rolle
Die kann man wahrscheinlich wirklich gut an den fundamentalen Zahlen des Unternehmens (ohne Personenbezug) bewerten wie z.B.:
- Wie siehts mit der Entwicklung von Umsatz und Gewinn aus?
- Wie siehts mit den Schulden aus?
- Was macht das Unternehmen mit dem verdienten Geld usw.
Zwischenfazit
Und wie Sie es schon gewohnt sind, auch an dieser Stelle ein kurzes Fazit der Kerngedanken:
- Führen bedeutet Einfluss nehmen auf andere, um Ziele zu erreichen.
Dazu brauchen wir Macht(quellen), denn ohne diese ist eine Einflussnahme nicht möglich; je mehr Machtquellen mir also zur Verfügung stehen, umso größer ist meine potentielle Chance, erfolgreich Einfluss zu nehmen – sofern diese Machtquellen von den Geführten „akzeptiert“ werden. - Wir alle nehmen mehr oder wenig bewusst eine Einordnung von anderen aufgrund der Charakterzüge vor.
Diese Einordnung kann etwas objektiver mit einem plausiblen Modell vorgenommen werden (Wir haben Ihnen das big five vorgestellt). Mehr dazu erfahren Sie auch in unserem Beitrag zum Thema Persönlichkeitsanalysen für gute Führung.
Im dritten und letzten Teil geht es dann um die Authentizität – einer Idee, wie Sie dieser möglichst nahe kommen und was das alles mit einer guten Führungskraft zu tun hat.
Oder Sie nutzen einen Experten und entscheiden sich für ein individuelles Business Coaching, damit Sie auf den Punkt genau die Unterstützung erhalten, die Sie weiterbringt.
In Führung gehen: Ihr nächster Schritt
Damit Sie auf den Punkt genau die Unterstützung erhalten, die Sie weiterbringt.
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